Da muss Herzblut dabei sein
Heilerziehungspfleger: Ein Beruf mit viel Verantwortung. Das Beispiel von zwei Azubis bei der Regens-Wagner-Stiftung
Bertram Dorn steht in einem Supermarkt etwas unschlüssig vor dem Gemüseregal. Der 39-Jährige weiß nicht so recht, welchen Salat er kaufen soll. Da zeigt ihm Max Lehmann (25), wie er frische Ware erkennen kann und was ein Salatkopf kostet. Bertram Dorn hat eine geistige Behinderung und lebt in einer Wohngruppe der Regens-Wagner-Stiftung in Lautrach (Unterallgäu). Ihm ist Max Lehmann als Betreuer zugeordnet. Der 25-jährige Memminger absolviert in der Stiftung gerade seine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger.
Die meisten jungen Männer wollen Mechaniker oder Informatiker oder Kaufmann werden. Was hat dagegen Lehman bewogen, einen sozialen Beruf zu ergreifen? „Ich habe zuvor in Augsburg Erziehungswissenschaften studiert", erklärt er. Irgendwann war ihm das aber zu viel Theorie. Da entdeckte er eine Annonce, in der die Regens-Wagner-Stiftung junge Menschen für die Ausbildung als Heilerziehungspfleger suchte. Lehmann meldete sich, machte ein Praktikum, und nach einer Woche war ihm klar: Das ist es!
Auch Lehmanns Azubi-Kollegin Hannah Behlke aus Aichstetten kam über die soziale Schiene nach Lautrach. Ihre Eltern arbeiten für die Evangelische Heimstiftung in Isny. „Da wurde mir das Kümmern um andere Menschen quasi in die Wiege gelegt", sagt die 23-Jährige. Nach der Mittleren Reife absolvierte sie ein Vorpraktikum in Lautrach. Auch für Hannah Behlke stand bald fest, ein „Heper" werden zu wollen, wie sich die Heilerziehungspfleger nennen.
Drei Jahre dauert die Ausbildung. Zwei Tage pro Woche sind die Lehrlinge in der Berufsschule. Die übrige Zeit verbringen sie in Lautrach – von Anfang an eingebunden in die Betreuung der Bewohner, die ganz unterschiedliche Hilfen brauchen. „Das kann Kochen, Putzen, Einkaufen, Körperpflege oder auch mal der Gang auf ein Amt sein oder ein Ausflug", sagt Behlke. „Wir machen alles, sind sozusagen die Eier legende Wollmilchsau", lacht Lehmann.
Auch Früh- und Spätdienste müssen die Azubis übernehmen. Hinzu kommt der Dienst an jedem zweiten Wochenende. Sind solche Arbeitszeiten ein Problem? „Wenn man seine freie Zeit gut plant, überhaupt nicht", sagt Lehmann. „Wir können auch mal Dienste tauschen", ergänzt Behlke. Sie sagt auch, „Heilerziehungspfleger ist ein Beruf, bei dem man mit Herblut dabei sein muss." Die Vergütung in der Lehre ist übrigens – verglichen mit anderen Ausbildungsberufen – attraktiv: Im ersten Ausbildungsjahr gibt es monatlich 1110 Euro brutto, in den beiden folgenden Jahren jeweils 1170 Euro.
Kandidaten für die Ausbildung zum Heilerziehungspfleger sollten wegen der vielfältigen Aufgaben und der Verantwortung für die Bewohner einen mittleren Bildungsabschluss haben, erklärt Lisa Guggenberger vom Regens-Wagner-Management. Ziel der Pfleger sei immer, durch Anleitung und Training die Bewohner ein Stück selbstständiger zu machen. Damit zum Beispiel Bertram Dorn bald ohne Hilfe Gemüse einkaufen kann. (bb)
Quelle: Allgäuer Zeitung, Allgäu Wirtschaft vom 23.01.2018